"Eine fast Perfekte" Beobachtungsnacht 2017
Gestern lief alles „perfekt“, so wie sich ein Hobby-Astronom das nur wünschen kann.
Alles begann mit der Fahrt auf die Dirn. Unterhalb der letzten Siedlung, etwa da wo Hans heinrich Wenk sein privates Observatorium hat,
liefen Kühe mit ihren Kälbern recht gemächlich auf der Straße und ließen sich von meinem roten Wagen, leichtem hupen und gutem Zureden meinerseits weder beeindrucken,
noch zu einem schnellerem Gang bewegen. Als ich diese erste Hürde überwand, lag kurz danach eine Kuh mitten auf der Straße.
Anscheinend gefiel ihr die tagsüber gespeicherte Wärme so sehr, daß sie sich keinen Millimeter bewegte. Sie lag nur da, kaute und glotzte.
Weder ein Ziehen an den Hörnern, noch am Schwanz, oder meine verzweifelten Versuche die Kuh mit wilder Gestikulation zum Aufstehen zu bewegen nutzen was.
Ich war tatsächlich am Überlegen meinen Fotoabend an einer anderen Stelle zu verbringen, da ich dem Vieh auch über die links und rechts angrenzende Wiese nicht ausweichen konnte (Zäune).
Und die Zeit lief, nur die Kühe nicht.
Nach gefühlten Stunden, es waren etwa 45 Minuten, stand sie endlich auf und bewegte sich sehr behäbig weg runter von der Straße.
Ich wollte mich bei ihr noch persönlich bedanken, was sie mit einem warmen Strahl ihres herrlich duftenden Urins quittierte. Jetzt war ich im wahrsten Sinne des Worte wirklich "angepisst".
Die Sonne war schon weg und die Dämmerung setzte langsam ein, was mich beim Aufbauen zur Eile bewegte, inkl. den Fehlern, die ich leider erst beim Abbauen entdeckte.
Aber noch sind wir nicht so weit. Der perfekte Astro-Abend fängt jetzt erst so richtig an.
Zuerst begrüßten mich die Jung-Kälber, unter denen sich auch einige Jung-Stiere befanden, die wahrscheinlich ihren Mut gegenüber den weiblichen Jung-Kälbern zur Schau stellen mußten,
indem sie mich noch einige Zeit mit neugierigen Beschnuppern, Belecken und Rumgehüpfe beeindrucken wollten. Es lag wahrscheinlich an dem herrlich duftendem Uringeruch.
Irgendwie war an dem Abend der Wurm drin.
Die Einnordung funktionierte nicht auf Anhieb. Abweichungen von 6 bis 7 Grad. Nach dem Polar-Realignment, waren die Abweichungen zwar geringer, aber fielen nie unter 3 bis 4 Grad.
Montierung ausschalten, wieder alignen, Abweichungen immer noch im Gradbereich. Hab nach dem Alignement versucht Saturn anzufahren. Saturn wo bist du - weit weg.
Gott sei Dank gibt es zwei Telradsucher am Newton.
Wieder alles ausschalten und von neuem. Abweichung beim dritten Versuch inkl. zweimaligem Polar-Realignment, immer noch fast zwei Grad.
Objekte mit Go-To vernünftig anzufahren, unmöglich. Ich hatte extra den Newton montiert, da ich Stefans-Quintett inkl. NGC7331 belichten wollte.
Ratlos, suchte ich NGC7331. Mittlerweile war es deutlich nach 22:00 Uhr MESZ, sprich stockdunkel und prime-time für die ersten Belichtungen.
Kurz nach 23:00 Uhr MESZ fand ich nach X-maligem Hin- und Herfahren NGC7331. Aber wo ist Stefans Quintett ? Oben, unten links, rechts, oder eine Kombination ?
Kurz um, ab 23:12 Uhr lief die erste lange Probebelichtung mit ISO640 und 6 Minuten. Befund OK. Fernbedienung programmiert, vorerst 10 Bilder,
MGEN startet seine Arbeit und ich kann endlich was essen. Danach Liegestuhl aufstellen, Stativ inkl. Fernglas und die schönen Milchstraßen-Objekte beobachten.
Nach den ersten 10 Belichtungen (so meine Meinung) entschied ich die Belichtungszeit und die ISO-Zahl zu erhöhen und startete einen neue Belichtungsreihe (ISO800 und 8 Minuten).
Aber der Teufel ist ständig wach. Was war: Die Nacht davor belichtete ich vom Garten aus die Milchstraße mit dem H-alpha Clip-Filter, was eine Spiegelvorauslösung bedingte.
Und diese hatte ich danach nicht mehr deaktiviert, was dazu führte, daß ein Bild mit 1602 Sekunden und eines mit 3377 Sekunden entstand. Wie diese krummen Zahlen zustande kommen ???
Aber das "Glück des Tüchtigen" geht ja noch weiter.
Es war mittlerweile kurz vor 2:00 Uhr früh und die Zirren die durchzogen und das genau vor Stefans Quintett, ließen keine weiteren Belichtungen zu und das obwohl ich den Fehler
mit der Spiegelvorauslösung bereits behob.
M33, mein nächstes Opfer. Zu dem Zeitpunkt wußte ich noch nicht, daß ich das Opfer war.
Bevor ich der Montierung M33 als nächstes Ziel eingab, stieß der Newton am Stativbein an, obwohl Stefans-Quintett und NGC7331 weit weg vom Zenit stehen. Überprüfung der Klemmen,
beide Achsen.
Alles OK. Fragezeichen in meinem Kopf. Viele davon.
Montierung ausschalten und wieder alignen. Die Ausrichtung der Rotationsachse auf den Nordpol sollte eigentlich noch passen, eigentlich.
Aufklärung folgt.
Montierung fährt, aber wo ist M33. Ich kannte das Spielchen bereits: Also Dreiecksgalaxie suchen. Nach etwa einer halben Stunde gelang es mir tatsächlich und kurz vor dreivierteldrei
lief die erste Langzeitbelichtung. Gott sei Dank war ich an dem Abend alleine auf der Dirn. Ich war ständig am fluchen und schimpfen. Ich schimpfte die Dreiecksgalaxie zwischendurch Drecks-Galaxie.
Mittlerweile war auch der Mond schon da und die Zirren wurden immer stärker. Ergo: Abbruch um 4:15 Uhr. Schnell noch zwei Fotos vom Mond, den die Go-To auch nicht auf Anhieb fand,
aber aufgrund der deutlichen Kontraste durch die leichte Bewölkung und des Hochnebels, war er schnell zu finden.
Ich wollte nicht gleich abbauen, da alles tropfnass war und genoß noch einige wenige Augenblicke die schöne Morgendämmerung.
Danach fing ich an abzubauen. Und jetzt kommt‘s: Ich hab beim Aufstellen vergessen die Kontermutter für die Befestigung des Montierungskopfes am Stativ festzuziehen.
So was ist mir auch noch nicht passiert. Anscheinend haben mich die Kühe und Kälber und der späte Beginn des Aufbauens doch etwas aus der üblichen Routine gebracht.
Soviel Dummheit mußte ich erst einmal verarbeiten. Also hinsetzten, Manner-Schnitten essen, gleich eine ganze Packung, einen kräftigen Schluck Wasser und gemütlich eine Paffen.
Dabei kreuzte eine Eule, komplett lautlos in wenigen Metern Entfernung die Straße und flog Richtung Sonnenaufgang zu dem kleinen Wäldchen.
Kuhglockengeläute, bellende Rehe und das Erwachen der Natur mit ihren vielfältigsten Geräuschen und der herrliche Blick gen Osten mit der farbenprächtigen Morgendämmerung ließen mich,
ob meiner grenzenlosen Unfähigkeit, doch wieder hoffnungsvoll auf die kommenden Nächte blicken.
Trotz Allem eine schöne Nacht, auch wenn sie nicht ganz nach meinen Vorstellungen verlief. Besonderes Highlight war die Andromeda-Galaxie im 12 x 50 von Swarovski:
Sie füllte, ob des fantastisch dunklen Himmels, fast das gesamte Gesichtsfeld des Fernglases. Beeindruckend.
Gegen sechs Uhr früh war ich zu Hause, sodaß doch noch einige Stunden Schlaf drin waren. Für die kommenden Nächte bin ich wieder voller Erwartungen, aber bitte mit weniger Überraschungen wie die oben geschilderten.
Dank an Helmut Rubik für diese Schilderung, wir Sternderlknipser können alle aus eigener bitterer Erfahrung von vielen dieser Pannen berichten. Es fällt kein Meister vom Himmel.